Adolf Frankl, ein Maler des Infernos

Am „Judenplatz“ mitten in Wien, unweit des Stephansdoms, am zentralen Ort der jüdischen Erinnerung, wurde vor vier Jahren eine Galerie eröffnet, die immer noch viel zu sehr im Schatten der beiden größeren Ausstellungen im Misrachi-Haus und der Dependance des Jüdischen Museums steht. Im „Art-Forum“ zeigt Thomas Frankl Bilder seines Vaters, Gemälde und Zeichnungen des Auschwitz-Überlebenden Adolf Frankl. Es sind Dokumente und Kunstwerke zugleich, kraftvoll und ausdrucksstark.

Man glaubt den Todesschrei des Häftlings zu hören, der „Im Stacheldraht“ den elektrischen Schlag nicht überlebt. Unwillkürlich zuckt der Betrachter bei der „Selektion bei Musik“ oder bei den „Prügelexzessen“ zusammen. Traurig wird man bei den vielen Varianten des „Abschieds“, Grauen erfasst den Betrachter beim Ansehen der Bilder, die menschliche Gesichter kurz „Vor der Vergasung“ zeigen oder Leichenträger, die ihre ermordeten Verwandten und Freunde zum „Verbrennungsofen“ schleppen, wissend, dass ihnen das gleiche Schicksal bevorsteht. Es ist eine ganze Galerie mit Erinnerungen aus dem Inferno, und fast alle Werke von hoher künstlerischer Qualität.

Ausgebildet wurde Adolf Frankl, der 1903 in Bratislava geboren wurde, bei Prof. Reichental in Kunst und Malerei. Das spürt man bei seinem anthropomorphen Porträt von Adolf Eichmann, bei dem das Lachen im Hals stecken bleibt. Denn das Gesicht des Massenmörders ist aus Leichen und ausgemergelten nackten Menschen, die sich im Todeskampf winden, zusammengesetzt. Aus Mosaiksteinen des Fensters einer Synagoge macht Frankl die „Erinnerung an die Rabbiner von Bratislava“, die er in Auschwitz wieder traf und die von Hunden zerfleischt und zerrissen oder im Krematorium verbrannt wurden.

Im September 1944 wurde Adolf Frankl verhaftet. Ein Hausmeister hatte ihn verraten. Zuerst wurde Frankl ins slowenische Durchgangslager Sered verschleppt dann ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Als einer der ganz Wenigen überlebte der Häftling mit der Tätowierungsnummer B14395 das Vernichtungslager. Daran erinnert in einer Vitrine ein kleines Stückchen Brot, mehr eine Brotkrume. Sorgsam hütete es Adolf Frankl bis zu seinem Tod im Jahr 1983 in Wien. Es war der letzte Rest an Nahrung, den er noch hatte, bevor er von der Roten Armee befreit wurde, eine winzige Ration, die ihn vor dem Verhungern retten sollte. Vom Tod erzählt dieses kleine Stück, von massenhaften Sterben, aber auch von Hoffnung und Überlebenswillen. Zeichnungen in den Vitrinen geben weitere Auskünfte sowie einige originale Dokumente, wie z.B. das Soldbuch des Massenmörders Amon Göth, dessen Brutalität durch Spielbergs Film „Schindlers Liste“ weltbekannt wurde. In Worten „erzählte er wenig“ erinnert sich sein Sohn Thomas. Der Vater berichtete dagegen umso intensiver in seinen Bildern.

Seit über zehn Jahren kümmert sich nun Sohn Thomas Frankl um die mehr als 200 Gemälde und fast 2000 Zeichnungen. Der Erhalt der Werke und die Finanzierung der Galerie blieben bis heute reine Privatsache, Spenden sind jederzeit willkommen. Gern würde er das Vermächtnis seines Vaters auch Museen und Institutionen zur Verfügung stellen, doch in Österreich interessiert sich kaum jemand dafür und bis jetzt auch keine Kultureinrichtungen anderer Staaten.